Vorbemerkungen:

Die dezentrale Energiewende im Gebäudesektor mit Photovoltaik und intelligenten Stromspeichern ist jetzt und in Zukunft unverzichtbar:

  • Die dezentralen Eigenversorger leisten wichtige Beiträge zur Dekarbonisierung und mithin zum Erreichen der Klimaziele.
  • Die Technologien (Erzeugung, Speicherung, Energiemanagement, Sektorenkopplung) sind von besonderer Bedeutung für den Entwicklungs- und Industriestandort Deutschland
  • Die dezentrale Eigenversorgung stimuliert und vereinfacht nach der erfolgreichen Etablierung erneuerbarer Energien im Stromsektor die Wärme- und Mobilitätswende. Klimaneutrale Wärme und Mobilität sind im Gebäude nur solar-elektrisch möglich.
  • Dezentrale intelligente Energienutzung senkt den Ausbaubedarf in den Verteilnetzen, der sich durch Wärmepumpen und Ladestationen ergibt, erheblich.

 

Aktuelle Situation: Dezentrale Energiewende funktioniert – wenn die Regulierung einfach bleibt!

Die Schlüsseltechnogien der dezentralen Energiewende – Photovoltaik und Stromspeichersysteme – erlebten in den vergangenen Jahren eine sehr positive Marktentwicklung. Allein im Jahr 2019 sind in Deutschland 65.000 Speicher installiert worden (Quelle: EuPD Research). Die Nachfrage der Endkunden im Speichermarkt deutet – insbesondere in Verbindung mit Elektromobilität – auf weiteres Wachstumspotenzial hin. Die Marktperspektiven sind in einer aktuellen AUTARK-Sendung dargestellt.

Eine stabile und nachhaltige Entwicklung erfordert jedoch über die inzwischen endlich vom Bundestag beschlossene Streichung des 52-GW-Deckels hinaus einen geeigneten rechtlichen und regulatorischen Rahmen. Hier sind derzeit verschiedene Neu-Regelungen in Diskussion oder Planung, die über die Zukunft der dezentralen Energiewende entscheiden – nach heutigem Stand aber große Risiken mit sich bringen:

  • Die Aufhebung des 52-GW-Deckels im EEG erfolgte ohne ein Konzept für den Weiterbetrieb von PV-Anlagen nach 20 Jahren
  • Smartmeter-Rollout und BMWi-BSI-Standardisierungsstrategie mit für Bürger und Energiewende intransparenten Folgen
  • Änderung EnWG §14a und Barometer-Gutachten zur Digitalisierung der Energiewende – Geplante Regulierung und Flexibilisierung mit für Bürger und Energiewende intransparenten Folgen
  • Neues EEG 2021:
    • BNetzA: Prosumer-Modell für neue und ausgeförderte PV-Anlagen
    • BDEW Handlungsempfehlungen zur EEG-Novelle 2020
    • BDEW-Positionspapier zur verpflichtenden Steuerung von EEG- und KWK-Anlagen über ein Smart-Meter-Gateway

(Stand: 19. Juni 2020)

 

Smartmeter-Rollout und Barometer Gutachten

Gemäß den Bestimmungen des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) wird die schrittweise Umstellung auf digitale Stromzähler in Privathaushalten kommen. Das Ausbauziel sind 16. Mio. Haushalte bis 2032. Für die Haushalte bringt das Mehrkosten mit sich, der Nutzen steht in Frage.

In der Neuordnung des EEG wird aus Sicht von E3/DC der Smart Meter Gateway genutzt, um regulative Hürden einzuführen, die schon bei kleinsten Verbräuchen und Erzeugungsmengen greifen. Durch den SMGW werden Verbraucher ggf. nicht nur flexibler, sondern sie müssen, wie im Barometer-Gutachten ersichtlich, auch für Anschlussleistung zahlen, die bisher kostenlos war.

Aus Sicht von E3/DC darf die notwendige Digitalisierung nicht zu einer Behinderung der dezentralen solaren Eigenversorgung im Gebäude führen. Diese Gefahr droht aber, wenn:

  • Der Smartmeter-Gateway (SMGW) ein eigenständiges intelligentes Energie- und Lastmanagement im Gebäude unterbindet
  • Ein Zwang zu Flexibilität und Leistungsentgelten (mit niedrigem Arbeitspreis, aber ohne Kostenentlastung) Anreize für Eigenverbrauch und effiziente Stromnutzung beseitigt
  • Die Abhängigkeit von externer Leistung und Netzausbau die Sektorenkopplung verteuert

 

Das künftige EEG – BDEW-Positionen

Grundsätzlich will der BDEW mit einer „auskömmlichen“ Vergütung für jede erzeugte kWh den PV-Zubau auch im privaten und gewerblichen Segment fortsetzen. Doch mit einem weiteren Vorschlag stellt der BDEW aus Sicht von E3/DC alles in Frage: Der Eigenverbrauch soll mit allen staatlich induzierten Umlagen und Abgaben belegt werden. Das sind rund 54 % des Strompreises (u.a. EEG-Umlage, Konzessionsabgabe, Strom- und Mehrwertsteuer) oder rund 16 Ct/kWh.

Die Konsequenz: Selbst, wenn die Vergütung die Kosten der PV-Erzeugung deckt, spart der Eigenverbraucher pro kWh maximal noch knapp 14 Ct/kWh gegenüber dem Netzbezug (30 Ct/kWh). Die Wirtschaftlichkeit des intelligenten Speichersystems ist damit massiv gefährdet – und damit auch die Chance, dezentrale Eigenversorgung mit Wärme und E-Mobilität ohne Netzausbau wirksam umzusetzen. Mit diesem Vorschlag stellt der BDEW sich klar gegen die Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED II), die einen barrierefreien und komplett umlagefreien dezentralen Eigenverbrauch ausdrücklich fordert. Nach Einschätzung von E3/DC sind die Positionen des BDEW aus Herstellersicht undurchsichtig und mit Blick auf die Energiewende kontraproduktiv. Gefördert wird nicht der Eigenverbrauch, sondern der Netzausbau. Das dient nicht dem Klimaschutz, sondern der Erhaltung eines veralteten zentralen Energiesystems.

Für in ihrer Größe nicht definierte „kleine Anlagen“ sieht der BDEW allerding ein anderes Modell als Wahlmöglichkeit vor: Einspeisevergütung + abgabenfreier Eigenverbrauch + „Finanzierungsbeitrag“ für Netzinfrastruktur. Das ist aber nur dann eine Option für die solare Eigenversorgung, wenn das Modell bis 30 kWp Erzeugung greift und der genannte Finanzierungsbeitrag (in Form einer Abgabe oder erzwungener Netzdienlichkeit) die Wirtschaftlichkeit nicht auffrisst.

Positiv ist aus Sicht von E3/DC, dass der BDEW den Verzicht auf die insbesondere bei DC-Systemen schwierige Ermittlung von Speicherverlusten für die Umlageberechnung vorschlägt.

 

BDEW will den Smartmeter für kleine PV-Anlagen bis 30 kWp

In den BMWI-Planungen für den Smartmeter-Rollout sind EEG-Erzeuger bisher nicht definiert. Für PV-Anlagen bis 30 kWp war bisher keine Steuerung erforderlich (pauschale Begrenzung auf 70 % der PV-Leistung). Hier fordert der BDEW, auch die privaten Anlagen über SMGW steuerbar zu machen.

Für Betreiber bedeutet das die Übernahme der Kosten für die Messeinrichtung und damit Mehrinvestition und höhere laufende Kosten. Neben der Viertelstunden-Messung der Einspeiseleistung statt Mengenzählung kommt damit die Steuerung der Einspeisung durch den Netzbetreiber. In der gegenwärtigen Situation ist bei den Mittagsspitzen der PV-Erzeugung eher mit Abregelungen zu rechnen, das war aber auch bei der 70%-Begrenzung der Fall. Mit der Abnahme der Grundlast-Kraftwerke könnte sich die Situation verbessern.

 

Prosumer-Modell der BNetzA

Das Prosumer-Modell der Bundesnetzagentur folgt nach Auffassung von E3/DC zwei dort tief verwurzelten Überzeugungen: 1. Der Ausbau der Netze macht Speicherung noch lange überflüssig; 2. Der direkte Eigenverbrauch ist physikalisch nur eine Zeitgleichheit von Bezug und Einspeisung. Ein symmetrisches Modellignoriert jedoch den Stromspeicher vollständig.

Das Prosumer-Modell wird von der BNetA sowohl für Post-EEG-Anlagen wie auch für neue PV-Anlagen vorgeschlagen. Im Modell wird unsinnigerweise die Einspeisung in Netze, die nicht speichern können, gegenüber dem dezentralen Eigenverbrauch mit Speichern bevorzugt. Über eine notwendige Grundlastversorgung mit dezentralen stationären und mobilen Speichern (e-Auto) wird nicht ansatzweise nachgedacht.

Das Prosumer-Modell umfasst drei Optionen: Ein echter – also Netzbezug vermeidender – Eigenverbrauch ist nur in der Marktoption vorgesehen. Er wird dort abwertend „privilegierter Eigenverbrauch“ genannt, weil er von Abgaben und Umlagen befreit ist uns auch bleiben soll. In der Marktoption ist eine Direktvermarktung des Überschussstroms verpflichtend, der Reststrombezug und die Überschusseinspeisung müssen ¼-stündlich gemessen werden (mit Smartmeter-Gateway wie beim BDEW ohnehin vorgesehen). Der technische und administrative Aufwand ist im Vergleich zum heutigen Abrechnungsverfahren sehr hoch. Speicher sind in diesem Eigenverbrauchs-Modell zwar möglich und werden in nachgelieferten Erläuterungen auch als Option benannt. Sie werden aber in ihren Möglichkeiten bei der Sektorenkopplung und beim Klimaschutz überhaupt nicht thematisiert.

Bei der Netzbetreiber-Option bleibt die Lieferung im Standardlastprofil, und davon völlig abgetrennt findet die Einspeisung des Solarstroms statt. Die Lieferanten-Option ermöglicht mit Zweirichtungszähler die symmetrische Abrechnung von Bezug und Eigenverbrauch zu je 30 Ct. Der Lieferant erhebt aber einen Basispreis pro kWp (genannt sind monatlich 14,60 € pro kWp) und kassiert die Vergütung. Die Lieferanten-Option („physischer Eigenverbrauch“) ist deshalb für den Betreiber monetär mit der Netzbetreiber-Option identisch. Bei der ersten ist ein Speicher systembedingt nicht darstellbar, bei der zweiten wirtschaftlich nicht. Die Ladung des Elektroautos mit Solarstrom bringt in diesen Modellen keine Einsparung gegenüber der Ladung mit Netzstrom. Ein massiver Netzausbau ist erforderlich. Das Klimaschutz-Potenzial von bis zu einer Million Eigenerzeugern wird nach Auffassung von E3/DC bei diesen Modellen nicht genutzt.

 

Zusammenfassung: Die Zielsetzungen aus Sicht von E3/DC

  • Einhaltung der Klimaziele und nachhaltiger Energiewendeprozess durch direkten, ungehinderten und abgabenfreien PV-Eigenverbrauch mit Speicher mit Einbindung von Elektroauto und Wärmepumpe. Einfache Regulierung in der Größenordnung bis 30 kWp.
  • Einhaltung der RED II Richtlinie (EU) und keine weiteren Abgaben auf wie bisher bereits versteuerte Einsparungen und Anlageninvestitionen.
  • Das Energiemanagement des Speichersystems muss unabhängig vom Smart Meter Gateway arbeiten können (keine Verpflichtung zur Nutzung der HAN CSL Schnittstelle)
  • Keine Verpflichtung zu Leistungsentgelten unter 30 kW (Wahlfreiheit des Bürgers, wie aktiv und flexibel er ist)
  • Dezentrale Erzeugung mit CO2– und kosteneinsparender Nutzung des Speichers statt eines symmetrischen Modells
  • Fortsetzung der dezentralen Energiewende mit Sektorenkopplung statt zentralem Netzausbau